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REALISIERUNGSWETTBEWERB: GRUNDSCHULE, KINDERGARTEN UND KINDERHORT IN BOZEN / ITALIEN

zusammen mit Architektur- und Projektbüro Shawn Patrick Duffee - Köln / Madrid

Die Architektur ist ein künstlicher Rahmen, in dem das Leben der Menschen bzw. Nutzer stattfindet. Die Architektur kann den Nutzer lenken, beeinflussen und Emotionen hervorrufen. Die Nutzer der hier zu realisierenden Gebäude sind vor allem Kinder. Kinder befinden sich in der Entwicklung und lassen sind besonders leicht von Ihrer Umgebung beeinflussen. Deshalb trägt die Architektur, die vor allem Kindern als Nutzer hat, eine ganz besondere Verantwortung. Die von uns geplanten Gebäude unterstützen moderne pädagogische Ansätze und bieten den Rahmen für die Förderung wichtiger Eigenschaften wie Eigenverantwortung, Teamfähigkeit und Toleranz.

Schulen sind aufgrund Ihrer Funktion ganz besondere Gebäude, die im Stadtbild immer besondere Beachtung finden und deshalb auch einen architektonischen Identifikationspunkt schaffen. Kinder im Grundschulalter entwickeln ihre Wahrnehmung der Welt mit einer großen Geschwindigkeit. Die Wahrnehmung entwickelt sich mit jeder neuen Erfahrung, wobei der Raum und die unmittelbare Umgebung mit unter den größten Einflussfaktoren stehen. Die Gebäude werden zu einem zweiten Zuhause für die Kinder, es entsteht eine emotionale Bindung zu diesen Gebäuden. Außer das Elternhaus bleibt kein anderes öffentliche Gebäude so stark in der Erinnerung verankert wie die Schulgebäude. Wir haben die Gebäude individuell gestaltet, unverwechselbar und wiedererkennbar - ein spielerischer Umgang mit den Bauformen trägt zur positiven Wahrnehmung der Kinder bei.

Die Gebäude begleiten die Kinder in ihrer Entwicklung. Ein Kinderhort für Kinder von eins bis drei Jahre, ein Kindergarten für Kinder von 3 bis 6 Jahren und eine Grundschule für Kinder von 6 bis 10 Jahren.

KINDERHORT: Der Kinderhort hat eine runde Form, diese Form ist sowohl introvertiert, als auch extrovertiert. Eine runde Form bietet Schutz, aber auch die beste Möglichkeit, in die Welt hinauszuschauen. Kinder in diesem Alter sollen spielen und erste Erfahrungen mit Spielkameraden machen. Die Architektur lädt zum miteinander spielen ein und bietet auch Rückzugsflächen an.

Der soziale und körperliche Aktivitätsradius soll in dem Kinderhort entwickelt werden, deshalb wurde der Rundbau als Kinderhort ausgebaut. Zentrum des Kinderhorts ist ein großer offener runder Raum mit einer interessanten Holzdachkonstruktion. Der zentrale Raum ist ein Treffpunkt für die Kinder. Die Gruppenräume sind um den zentralen Raum herum angeordnet. Der konische Raum, der sich nach oben hin öffnet, wird mit natürlichem Licht durch halbtransparente Dünnschicht-Solarmodule beleuchtet. Der zentrale Raum und die Gruppenräume haben direkten Zugang zum Außenbereich. Die zwei Zylinder des Kinderhorts bestehen aus Stahlbeton. Die Außenwand des Kinderhorts ist bedeckt mit grob geschnittenem, vorbehandeltem ortsüblichem Holz. Das Holz zieht sich unregelmäßig um den Zylinder herum und soll den Eindruck eines sich bewegenden Kreisels machen.

KINDERGARTEN: Der Kindergarten ist die nächste Stufe, die Form ist rechteckig und damit strenger. Die Kinder lernen im Kindergarten in Gesellschaft zu leben. Den Rahmen für die Gesellschaft der Erwachsenen bietet unter anderem die Stadt. In dem Kindergarten bilden wir einen urbanen Raum nach. Es gibt Wege für Bewegung, Plätze für Begegnung, Häuser für Gemeinschaften und Räume als Rückzugsorte.

Im Kindergarten wird das Kind mit einer neuen Unabhängigkeit innerhalb einer strukturierten Umgebung konfrontiert. Die soziale Kompetenz des Kindes soll sich entwickeln. Um diese Entwicklung zu fördern, wurde der Kindergarten als urbaner Raum konzipiert. Alle individuellen Räume, die sich auf verschiedenen Ebenen befinden, werden unter einer großräumigen Halle aus Holz zusammengefasst. Diese Räume sind am Beispiel von Bühnenbilder entstanden - in dieser Stadt spielen Kinder ihre Fantasien aus. In der Kindergartenstadt gibt es breite großräumige Straßen, von der Sonne geflutete Plätze und Ecken zum Verstecken. Eine minimale räumliche Zuweisung lässt die Kinder selbst ihre Spielecken festlegen. Der Baukörper, der die zentrale Küche und die Hausmeisterwohnung enthält, markiert den Endpunkt der Verbindung zwischen Eingangsbereich und dem Außenbereich des Kindergartens. Die Pergola verbindet alle drei Baukörper mit einer Holzkonstruktion und schützt den Übergangsbereich zwischen den Baukörpern und dem Außenbereich.

Der Kindergarten befindet sich unter einer großen industriell gefertigten Holzhalle. Die Tragkonstruktion der Halle besteht aus massiven Trägern und langen Fachwerkträgern auf Holzstützen. Das "Bühnenbild" besteht aus einer leichten "Ballon-Frame" Konstruktion. Ein kostengünstiges, flexibles und schnell baubares System ähnlich einem Bühnenbild mit hohen Standards in bezug auf Akustik und chemischer Unbedenklichkeit wird verwendet. Die Verwendung von verschiedenen Holzarten ergibt ein farbenfrohes Bild und erinnert an die ortsübliche Architektur der Alpenregion. Der Baukörper in dem die zentrale Küche und die Hausmeisterwohnung untergebracht sind, ist der Vermittler zwischen Kindergarten und Kinderhort.

GRUNDSCHULE: Die Schule ist verantwortlich für die Bildung und die Schulung der sozialen Kompetenzen der Kinder. Das Spielen wird immer mehr in den Hintergrund gedrängt und findet meist außerhalb der Schule statt. In der Schule werden die sozialen Kompetenzen ausgebildet, Kreativität gelehrt, Fakten gelernt und Aufgaben gelöst. Der Unterricht findet in Klassen und in Projektgruppen statt. Die Schule bietet entsprechende Räume an und unterstützt durch die räumliche Organisation das miteinander Lernen und Arbeiten. Die zentrale Aula ist Verteiler, Treffpunkt und Kommunikationsplattform.

Die Räume sind komplexer als im Kindergarten; Räume überlagern sich auf verschiedenen Ebenen. Der interne Verkehr der Grundschule verläuft in Form eines "U" mit leicht ansteigenden Rampen statt ebenen Fluren. Mitten in der U-Form steht die Turnhalle. Normalerweise befindet sich eine Turnhalle nicht im Zentrum einer Schule, aber die Autoren versuchen hier einen neuen Weg zu gehen. Der Sport spielt im Grundschulalter eine große Rolle und die Turnhalle bietet sich als zentraler Baukörper an. Die Problematik der akustischen Trennung zwischen Sport- und Lehrräumen wird besondere Achtung in der Ausfertigung benötigen. Es sind doppelt verglaste Wände mit einer Luftschicht an den kurzen Enden der Turnhalle vorgesehen. Die langen Seitenwände sind massiv gebaut und mit einzelnen Fenstern perforiert. Vom Eingangsplatz aus blickt man durch das Gebäude, auf den Park und die Natur im Hintergrund. Die Turnhalle ist versenkt und die Klassenräume erheben sich in Stufen. Sollte die visuelle Verbindung zwischen Turnhalle und der Rest der Schule nicht erwünscht sein, sorgen Lamellen innerhalb der Glaswänden für eine störungsfreie Umgebung. Sekundäre Räume, wie der Verwaltungsbereich, sind wie im Wohnbau auf eine Deckenhöhe von 2,50m reduziert. Im Kontrast dazu steht die Mensa mit seiner geneigten hohen Decke und Glaswände durch die viel Licht von Süden in das Gebäude dringt. Von der Mensa aus gelangt man auf die Terrasse. Mit einer Treppe und einer Rampenskulptur gelangt man in den Pausenbereich.

Die Grundschule besteht aus einer massiven Stahlbetonkonstruktion mit Natursteinfassade. Die Turnhalle ist strukturell gesehen ein eigenständiges Gebäude, obwohl sie das Raster der Grundschule aufnimmt.

ENERGIE: Durch die effektive Ausnutzung der Räume, die kompakte Bauweise und die Nutzung von Systembauteilen werden Baukosten gesenkt. Das weit spannende Glasdach der Turnhalle dient als Reservoir für warme Luft für die ganze Schule. Die Zirkulation von warmer und kalter Luft wird integriert in das Konzept für das Vorwärmen des Warmwassers, der Raumtemperatur und den Luftaustausch. Die Regenwassernutzung, geothermale Beheizung und Kühlung, passive und aktive Solarenergienutzung und eine extensive Dachbegrünung sind Teil des ökologischen und ökonomischen Konzepts.

PLATZ: Auf eine urbane Beziehung zwischen Innen- und Außenbereich wird besonderer Wert gelegt, der Übergang ist so weich wie möglich gehalten. Der Platz ist fast immer von Kindern belebt; sie spielen an der Wasserachse oder halten sich während der Pausen auf der Eingangsplattform auf. Die Plattform dient der Aula auch als Erweiterung in den Außenbereich für öffentliche Angelegenheiten. Während der Nacht wird der Kinderhort durch die wechselnden Regenbogenfarben des nahen Treppenhauses der Grundschule beleuchtet. Der Kindergarten mit Kinderhort ist 60 cm höher als der Platz. Der Niveausprung zusammen mit einem 1,2 m hohen Zaun sorgt für eine sichere Umgebung für die Kinder.

FREIRAUMPLANUNG: Die Wahrnehmung, das Erleben und die Nutzung von urbanen Freiräumen erfordern je nach Lebensalter unterschiedlichste Raumsequenzen. Großraumstrukturen von städtebaulich integrierten, öffentlichen Plätzen und Grünflächen sollen die Nutzungsansprüche jeder Altersstufe - Kinder und Erwachsene - vereinen. Öffentliches Grün ist fester Bestandteil der Stadtgestaltung und nicht nur Begleitgrün oder Lunge der Stadt.

Das Wettbewerbsareal liegt innerhalb gemischter Bebauungsstrukturen, am Rand zur öffentlichen Grünfläche.

Das Freiraumkonzept berücksichtigt die Verzahnung von Bebauung und angrenzender Landschaft. Bäume werden als Bindeglied zwischen Stadt und Landschaft sowie Gebäude und Freiraum eingesetzt. Sie unterteilen den Raum und lösen bei Annährung an die Freilandschaft die gliedernden Strukturen auf. Die Einbindung in das naturnahe Stadtumfeld wird so geschaffen.

Die Aufenthaltsqualität des Platzes wird durch das Element Wasser hervorgehoben. Die beleuchtete Wasserachse ist Rückzugsort für Entspannung, Kommunikation und Kontemplation. Der Wasserfilm wird begleitet von einer strengen, kleinkronigen Baumreihe, Sitzplätzen und Pflanzbeeten.

Die Anbindung des Platzes zur freien Landschaft zwischen Schule und Kindergarten bzw. Hort wird durch schattenspendende Bäume und farbige Würfel begleitet. Der Pflanzstreifen wird auch als Regenwasserversickerungsfläche genutzt.

Der "Park" als öffentliches Grün mit Veranstaltungsbühne und den "zwei Bergen" (überdimensionierte Halbkugeln aus Edelstahl mit Wasserdüse auf dem Gipfel) ist multifunktional nutzbar. Auch der Radfahrer kann hier eine Pause einlegen Fahrradständer und Bänke stehen zur Verfügung.

Die Platzfläche vor dem Kinderhort und Kindergarten ist als geschützter Bereich durch Hecken umschlossen. Er bietet Raum für Aufenthalt und Spiel unter Sonnensegeln. Kletterspielschlange und farbige Spielpunkte sind unverwechselbare Elemente dieses Platzes. Der Durchgangsbereich zum Bringen und Abholen der kleinen Sprösslinge bleibt offen. Im Außenbereich enthält ein "Flussbett" unterschiedliche Materialien, Oberflächenstrukturen und Spielangebote. Sie fördern die motorischen und handlungsorientierten Aktionsmöglichkeiten der Kinder sowie die Erfahrung ihrer Sinne. Die handgetriebene Wasserpumpe bringt Erfrischung. Die Gymnastikwiese ist ein Raum für koordinierte Bewegungsabläufe. Der Gemüsegarten lässt den Umgang mit der Natur spielerisch entdecken.

Die Platzfläche, ein erweiterter Außenraum vor der Schule, erfüllt die Ansprüche als Kommunikationsraum. Auch hier wird der Eingangsbereich durch Hecken geschützt. Der Raum öffnet sich dennoch zur Wasserachse. Farbige Sitzkuben erhöhen die Aufenthaltsqualität. Die Farben des Bodenbelags werden mit der Bepflanzung weitergeführt.

Die Außenräume für die Pausen können in zwei Ebenen genutzt werden. Der Ausgang über den Holzbelag enthält Sitzelemente, die sich für Gespräche und kleinere Spielaktionen eignen. Über Rampen und eine Treppenanlage sind die Aktionsräume für Spiel und Sport mit multifunktionalem Spielfeld und Doppellaufbahnen im unteren Bereich erreichbar. Im Schutz der schuppenförmigen Rampenmauer wird auch Unterricht im Freien möglich. Bei Sportveranstaltungen kann von hieraus zugeschaut werden.